Anlass für die Diskussion, so Moderator Karl Blecha, Präsident der Österreichischen Gesellschaft zur Förderung der Forschung, war die Veröffentlichung des heurigen Innovation Union Score Boards (IUS), in dem Österreich zum vierten Mal in Folge um einen Platz nach hinten gerutscht ist, was nun auch Auswirkungen auf die FTI-Strategie haben könnte, deren klares Ziel es sei, Österreich bis 2020 selbst zu den Innovation Leadern aufsteigen zu lassen. Die ExpertInnen am Podium beurteilten diese Entwicklung zwar als bedenklich, nicht aber als hoffnungslos.
Denn, wie Wolfgang Polt, Joanneum Research ausführte: Die statistische Messmethode des IUS selbst sei eine "Fehlkonstruktion", weil sie die Innovationsleistung Österreichs unterschätze. So blieben etwa die besonders gut aufgestellten Unternehmen in Mid-Tech-Branchen unberücksichtigt. "Wir werden nach der IUS-Messung nicht zu den Innovation Leadern aufschließen, aber es ist das Zurückfallen um ein paar Plätze auch nicht so schlimm, wie dies auf den ersten Blick aussieht." Der IUS zeige aber, dass die Dynamik im Vergleich zu anderen EU-Ländern in Österreich geringer sei. Notwendig seien demnach mehr Strategien für High Tech, Cluster- und Exzellenzinitiativen.
Johannes Gadner vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung zeigte, dass das vom Forschungsrat und WIFO entwickelte Innovationsmonitoring umfassendere Ergebnisse für die österreichische Innovationsleistung als der IUS liefere. Die Quintessenz ist aber eine ähnliche: Zwar haben sich ein Großteil der einzelnen Indikatoren von 2013 auf 2014 verbessert. Bei 41 von 73 Indikatoren fallen die Verbesserungen aber zu gering aus, um bis 2020 zur Gruppe der Innovation Leader Deutschland, Dänemark, Finnland und Schweden aufzuschließen.
Jürgen Janger, WIFO, zeigte dann im Detail, wo seiner Meinung nach die Engpässe liegen: Zwar sei es richtig, dass die Innovationsleistung in den Mid-Tech-Branchen unterschätzt werde, dennoch seien aber auch noch einige "Bremsen zu lösen" um im Bereich "High-Tech" zu punkten. Um schnell wachsende High-Tech-Start Ups zu unterstützen, sei vor allem Spitzengrundlagenforschung an den Universitäten notwendig und eine Stärkung der Gründerszene in ihrem Umfeld. Dazu brauche man auch Venture Kapital, das in Österreich viel zu wenig vorhanden sei.
FWF-Präsidentin Pascale Ehrenfreund hob hervor, dass die Grundlagenforschung - anders als oft angenommen - ein wesentlicher Pfeiler in der Innovationskette sei und zeigte, dass die klare Trennung von Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung so nicht aufrecht zu erhalten sei. Als Bespiel brachte sie etwa die Grundlagenforschung die in die Entwicklung des Ipod einfloss, oder den Technologieeinsatz bei Raumfahrtprogrammen, wo etwa bei Marsmissionen nach Spuren von Leben gesucht wird - also Grundlagenforschung par excellence betrieben wird-, dafür aber gleichzeitig High-Tech-Instrumente und dergleichen mehr entwickelt werden müssen. Die Aufgabe des FWF sehe sie jedenfalls in der Förderung ein jungen ForscherInnengeneration, die, viel mehr noch als heute, in einer "teambased philosophy" erzogen werden müssten, um die Herausforderungen der Zukunft ("Grand Challenges") gemeinsam lösen zu können.
Michael Binder, Forschungsstratege von der FFG, wies darauf hin, dass anwendungsorientierte Forschungsförderung Arbeitsplätze schaffe, dass das FFG-Budget aber nach einer dynamischen Phase seit 2008 stagniere, beziehungsweise leicht rückläufig sei. Insgesamt, so Binder, könne man sagen, dass Österreich zwar auf hohem Niveau agiere, aber definitiv nicht auf dem Weg zum Innovation Leader sei.
Joachim Seipelt von der aws austria wirtschaftsservice ging auf die Förderung innovativer Unternehmen ein. Die aws unterstütze rund zehn Prozent der österreichischen Start ups, und stelle dafür eine Reihe von Risikokapital-Programmen zur Verfügung. Dass es zu wenig rasch wachsende Start ups gebe, liege aber nicht immer nur am mangelnden Risikokapital, sondern es seien auch oft kulturelle Gründe dafür verantwortlich, wie etwa ein zu wenig ausgeprägter "Entrepreneurial Spirit". Um dies zu ändern, habe man jetzt das neue Programm "aws First" ins Leben gerufen, das sich an junge Menschen im Alter von 18 bis 23 richte und das die Gründung von Unternehmen unterstützt, die etwa aus Schulprojekt-Ideen entwickelt werden könnten.
ABB-Österreich Vorstandsvorsitzender Franz Chalupecky wies darauf hin, dass sein Unternehmen Forschung nicht zu Selbstzweck betreibe, sondern um Produkte zu entwickeln, die man auch verkaufen kann. Als Weltkonzern habe man mehrere Forschungsstandorte in Europa und Asien, wobei neue Forschungsstandorte gerade dort entstehen wo auch neue Produktionsniederlassungen aufsperren. In Österreich forsche man daher wenig, da man nur mehr eine Niederlassung mit 500 Mitarbeiterinnen hier habe, - was sich aber in Zukunft ändern könnte.
Gernot Grimm, Leiter der Stabstelle für Technologietransfer im bmvit formulierte die These, dass die F&E Community zwar finanziellen Input bekomme, andererseits aber zu keinen Output-Zielen verpflichtet sei. Inwieweit volkswirtschaftliche Wertschöpfung passiere, sei mit dem derzeitigen statistischen Zahlenmaterial gar nicht so genau feststellbar. Grimm plädierte dafür, weniger auf die Forscher sondern mehr auf die Industrie zu hören.
In der Diskussion wurde vor allem hervorgehoben, dass es insgesamt einen breiteren Zugang zum Begriff der "Innovation" bedürfe. Eingemahnt wurde dafür, Innovation nicht auf technologische Aspekte zu beschränken, sondern auch die soziale Dimension viel stärker zu berücksichtigen. Probleme, die es dabei unter anderem ergeben: Noch gibt es keinen Indikator, den man für die Messung sozialer Innovation in Innovationsmessinstrumente a la IUS einsetzen könne. (Norbert Regitnig-Tillian, Austria Innovativ)